Mittwoch, 25. Januar 2012

Vattenfall weiß es jetzt auch: Zustimmung zur Energiewende steigt

Die Zustimmung zur deutsche Energiewende ist weiter gestiegen. Nach einer am 19.01.2012 in Berlin vorgestellten Umfrage des Meinungsforschungsunternehmens TNS Emnid sind 91 Prozent der Deutschen für den Atomausstieg, zwei Prozent mehr als im April 2011. Für einen sofortigen Ausstieg sind demnach 55 Prozent. Nach dem Reaktorunfall von Fukushima hatten sich TNS Emnid gegenüber noch 38 Prozent für einen solchen Sofort-Ausstieg ohne Vorbehalt ausgesprochen.


Die gesamte Nachricht bei den Klimarettern.


Interessant:  
Die Ergebnisse dürften dem Auftraggeber der Umfrage nicht schmecken. TNS Emnid hatte Ende November 1.000 Bundesbürger repräsentativ über ihre Ansichten zur Energiewende befragt - bezahlt vom Atom- und Kohle-Konzern Vattenfall.

Noch interessanter:
Gleichzeitig fordert Vattenfall von den Deutschen Milliarden Euro wegen ihrer Einstellung zur Atomkraft.
Das sagt Herr Hatakka im Interview:
Der schwedische Energiekonzern Vattenfall fordert für den beschleunigten Atomausstieg in Deutschland Entschädigung in Milliardenhöhe. „Wir erwarten natürlich eine faire Kompensation für den finanziellen Schaden, der uns dadurch entstanden ist", sagte Tuomo Hatakka, der für die Schweden die Geschäfte hierzulande führt, in einem Exklusiv-Interview mit Wall Street Journal Deutschland. 

Hmmm ... was hatten Mitte 2011 noch einige SPD-Abgeordnete der Hamburger Bürgerschaft gesagt:
Zitat aus "Welt online" am 23.6.2011:
Schaal (SPD-Abgeordnete der Bürgerschaft) betonte zudem, dass eine Kooperation mit Vattenfall auch grundsätzlich problematisch sein könnte. Wenn der Energiekonzern zusammen mit anderen Unternehmen gegen die geplante Energiewende und den Ausstieg aus der Atomenergie vor Gericht ziehe, scheide Vattenfall als Partner für die Stadt Hamburg bei der Rekommunalisierung der Netze aus. Was das konkret heißen könnte, ließ Schaal in der Bürgerschaft offen. Der "Welt" sagte sie, es gebe viele Investoren, die bereit sein könnten, gemeinsam mit der Stadt die Netze zu erwerben, deren Konzession demnächst ausläuft und daher für weitere 20 Jahre ausgeschrieben wird.


Montag, 23. Januar 2012

Sponsoring bei der Presse - nicht strafbar, aber das reicht nicht

Aus Anlaß des Hamburger Presseball 2012 schreibt Mirco Beisheim einen Kommentar zum Selbstverständnis der Deutschen Medien im Umgang mit Sponsoring und Geldzuwendungen:

Ob eine kleine Zuwendung für das Sommerfest oder eben der Hamburger Presseball, den sich die  Veranstalter von Unternehmen mitfinanzieren lassen: Sponsoring in der Medien- und Pressebranche ist gang und gäbe, aber nicht explizit verboten. Doch von einer Branche, die von sich das Selbstverständnis der „4. Macht im Staate“ und der Unabhängigkeit hat, erwartet man mehr, als nur, dass sie sich nicht strafbar macht.
Man hätte gern klarere Rechtsregeln und mehr Transparenz beim Sponsoring. Es ist peinlich, wenn, wie einst im BILD Nichtverhör des E.on Chefs verdeckte Schleichwerbung verhökert wird; es ist unanständig, wenn sich, wie jüngst, die Hamburger Landespressekonferenz ihren Ball von Vattenfall zahlen lässt. Es hat einen Geruch, wenn der Journalistentag DJV-NRW 2011 von BMW & Co. finanziert wird.
So ähnlich war es doch auch bei dem in der Kritik stehenden "Nord-Süd-Dialog" der Länderchefs Wulff und Oettinger. Es ist doch so: Wenn so ein Event wichtig ist, dann möge ihn ein Sponsor (mit)finanzieren. Wenn er überflüssig ist, handelt es sich um Verschwendung von z.B. Mitgliedsbeiträgen. Und eine überflüssige Sause in der Medienwelt wird auch nicht besser, wenn nicht die Mitglieder einer Presse-Organisation, sondern die Wirtschaft sie finanziert.

Wie die Presse sich windeln lässt
Sponsoring in der Presselandschaft ist heikel, leider aber weder verboten noch geregelt; es ist gang und gäbe und strafbar nur dann, wenn sich die Beteiligten außergewöhnlich blöd anstellen - wenn sie z.B. eine Vereinbarung schließen, daß eine konkrete Mitteilung beeinflusst werden soll und diese dann nicht als „Anzeige“ kenntlich gemacht wird. So dumm sind aber die wenigsten Redaktionen (auch wenn immer wieder Fälle bekannt werden).
Wenn ein Sponsoring nur der "Klimapflege" dient, ist es derzeit strafrechtlich irrelevant. Und so lassen sich die Presseverbände, Presse-Vereine, Presse-Stiftungen, Presse-Preise, etc die Pressebälle, die Sommerfeste und sonstige Events von den wichtigen Unternehmen des Landes sponsern. Die mieten dort Werbe- und Standflächen für teuer Geld, stellen Essen oder Autos zur Verfügung - auf dass man sich bei der Berichterstattung positiv an sie erinnere.
Man darf es für ungut halten, dass sich die Presse auf diese Weise windeln lässt. Man muss es jedoch für elend halten, dass die Presse bei aller Kritik am Verhalten des Bundespräsident Wulff so wenig bei sich selbst schaut, wie selten sie Distanz bei vielen Anlässen zu Unternehmen wahrt.

P.S.: Ähnlichkeiten zu dem Kommentar von Heribert Prantl in der "Süddeutsche Zeitung" vom 21.1. unter dem Titel Sponsoring in der Politik Nicht strafbar - aber das reicht nicht
sind natürlich rein zufällig.

Sonntag, 22. Januar 2012

"Bundespresident" in Hamburg bereits abgewählt – satirische Aktion beim Presseball gegen Hauptsponsor Vattenfall

Samstag abend protestierte die Presseabteilung der Initiative Moorburgtrasse-stoppen gegen das Auftreten des Vattenfall Konzerns als Hauptsponsor des Hamburger Presseballs. Die Initiative wirft der „Stiftung der Hamburger Presse“ und der Landespressekonferenz als Veranstalter vor, die nötige Distanz zu dem umstrittenen Hamburger Großunternehmen vermissen zu lassen.

Ausgestattet mit einer „persönlichen Einladung“ durch den "Bundespresidenten" machte die Presseabteilung in einem satirischen Interview klar, wie grotesk sich die Hamburger Presse im Verhältnis zu Sponsoren einerseits und in der Berichterstattung zur Affäre des Bundespräsidenten andererseits verhält. Deutlich machten die Pressevertreter der Initiative dies am Beispiel des Hauptsponsors Vattenfall.

„In einer Zeit, in der aktuell die Medien dem Bundespräsidenten vorwerfen, sich von der Großzügigkeit von Freunden beeinflussen zu lassen, sucht sich die Landespressekonferenz ausgerechnet das Unternehmen Vattenfall als einen der Hauptsponsoren aus“, so die Aktivisten.




Jedem muß klar sein, daß es Vattenfall darum geht, durch das Sponsoring die Meinung und damit die Berichterstattung über sich positiv zu beeinflussen. Wörtlich heißt es auf der Webseite www.hamburger-presseball.de: „Aufgrund seiner gesellschaftlichen Bedeutung bietet der Ball eine ideale Präsentationsplattform für Unternehmen.“
Natürlich gilt dies auch für die anderen Hauptsponsoren des Presseballs. Aber unzweifelhaft steht kein anderes Unternehmen dermaßen in der Kritik der Öffentlichkeit in Hamburg wie Vattenfall. Erst diese Woche entschied das Bundeskartellamt, daß Vattenfall sein Fernwärmemonopol in Hamburg zugunsten auch anderer Anbieter öffnen muß. Ebenso umstritten war bis Ende 2011 die von Vattenfall vehement geforderte Moorburgtrasse, die nur durch massiven Protest von Anwohnern und Umweltschützern verhindert werden konnte. Außerdem steht auch das KoKW Moorburg weiterhin in der Kritik, weil es die Energiewende für Hamburg auf Jahrzehnte verhindern wird. Im Raum steht außerdem eine Klage Vattenfalls vor dem Schiedsgericht der Weltbank gegen Deutschland wegen der Energiewende.

„Dies sind alles Gründe, warum gerade die Hamburger Presse von sich aus eine kritische Distanz zu Vattenfall bewahren sollte, um unparteiisch, objektiv und kritisch die Auseinandersetzung um die Energiewende in Hamburg zu begleiten. Es ist bedauerlich, daß sie das aber offensichtlich nicht tut“, so die Aktivisten der Initiative. „Wenn man ohne die finanzielle Hilfe solcher Sponsoren wie Vattenfall einen Ball nicht durchführen kann, dann müssen sich die Veranstalter fragen, ob der Ball nicht eine Nummer zu groß ist. Schließlich werfen die Medien auch dem Bundespräsidenten vor, in den „falschen Kreisen“ zu verkehren.

Als Nachhilfe für die Veranstalter führten die Pressevertreter daher im Eingangsbereich ein satirisches Interview und legten am Empfang des Presseballs persönliche Einladungsschreiben des "Bundespresidenten" vor. Jedoch mußten die Pressevertreter der Initiative leider erkennen, daß eine Einladung des "Bundespresidenten" in Hamburg nichts mehr gilt (und manche Menschen im Medienbereich auch keine Satire erkennen, wenn man sie ihnen im wahrsten Sinne des Wortes vor die Nase hält).

Kleine Anekdote am Rande:
Erstaunlich war an dem Abend des Verhalten des Sicherheitspersonals gegenüber einer Presseaktion bei dem Presseball. So wurden die Pressevertreter der Initiative ohne Berechtigung am Verlassen des Veranstaltungsortes gehindert. Erst die herbeigerufene Polizei konnte das Sicherheitspersonal auf die Schranken ihrer Tätigkeit hinweisen und den Pressevertretern der Initiative das Verlassen der Veranstaltung ermöglichen. Hier sollte in Zukunft durch die Veranstalter ebenfalls dringend Nachhilfe gegeben werden.


Die Initiative Moorburgtrasse-stoppen weist seit 2009 auf die Umwelt- und Klimafolgen der seinerzeit von Vattenfall und Stadt geplanten Fernwärmeleitung vom KoKW Moorburg bis nach Altona hin. Durch Baumbesetzungen, massiven Protest, aber auch Unterstützung durch Wissenschaft und Gutachter hat die Initiative erreicht, daß die Stadt Ende 2011 ihre Unterstützung für das Projekt zurückzog. Weiterhin macht die Initiative immer wieder auf das greenwashing des Vattenfall-Konzerns aufmerksam.

Dienstag, 17. Januar 2012

Die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Rösler zielen in die falsche Richtung

EUROSOLAR e.V. hat angesichts der aktuellen Äußerungen von WirtschaftsVerhinderungsminister Rösler eine lesenswerte Pressemitteilung herausgegeben, die stop-greenwashing hier ausnahmsweise ungekürzt wiedergibt:

Die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Rösler zielen in die falsche Richtung
 
Das angeblich so marktkonforme Quotensystem, das laut Bundeswirtschaftsminister Rösler einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Technologien auslösen soll, ist in Großbritannien gescheitert. Es ist nachweislich teurer als das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und hat dazu geführt, dass in Großbritannien weder breit in Erneuerbare Energien investiert wurde, noch eine neue Industrie mit hundertausenden neuen Arbeitsplätzen entstanden ist wie in Deutschland.
Dabei ist die Strategie Röslers sehr durchschaubar. Durch zahlreiche Ausnahmeregelungen wird die EEG-Umlage auf wenige Schultern verteilt und steigt so künstlich an. Durch die ständige Drohkulisse eines absoluten Deckels schafft man Torschlusspanik und gibt sich dann verwundert, wenn der Zubau von Solarstromanlagen neue Rekordhöhen erreicht. Gleichzeitig beginnt man eine künstliche Kostendebatte um die Photovoltaik, die längst auf dem Weg ist, immer kostengünstiger zu werden. Schon jetzt senkt sie an der Strombörse die Preise und damit die Profite der Stromkonzerne. Wenn neue Solarparks und große Aufdachanlagen schon im kommenden Jahr Strom günstiger liefern als die Offshore-Windparks der Großkonzerne, dann wird offensichtlich, wie verfehlt und konstruiert eine solche Kostendebatte ist.
Aber darum geht es gar nicht. Auch nicht, dass die Solarenergie angeblich nur marginale Beiträge zu unserer Energieversorgung leistet. Denn dies stimmt nicht mehr. Wenn selbst an einem Wintertag wie dem 16.01.2012 mittags circa sieben Gigawatt in das Stromnetz eingespeist werden, dann ist dies nur ein Vorgeschmack auf die kommenden Monate, wenn die Marke von zehn Gigawatt regelmäßig überschritten wird.
Die Erneuerbaren Energien drängen zunehmend in den Mittelpunkt der deutschen Stromversorgung, mit über 20 % sind sie eine ihrer Säulen geworden. Da an manchen Tagen inzwischen sogar über 50 % des Stroms durch die Erneuerbaren bereitgestellt wird, sind sie es, die nun zunehmend den Takt unserer Stromversorgung vorgeben. Der archimedische Punkt, an dem sie die alten Strukturen aushebeln, rückt in greifbare Nähe. Ist er überschritten, haben sich zwangsläufig alle anderen Akteure nach den Erneuerbaren zu richten. Den Status einer bloßen Beimischung haben sie längst hinter sich gelassen.
"Ohne das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) wäre eine solche Dynamik gar nicht möglich gewesen. Das EEG ist gerade deswegen so erfolgreich, weil mit ihm die hohe Investitionsbereitschaft der deutschen Bürger, des Mittelstandes und der Stadtwerke genutzt wird, um den Umbau unseres Energiesystems voranzutreiben. Das stärkt die Wirtschaftskraft von Kommunen und Landkreisen und ist einer der entscheidenden Gründe für die hohe Akzeptanz der Erneuerbaren Energien in der Bevölkerung", so Irm Scheer-Pontenagel, Geschäftsführerin EUROSOLAR.
Die Mengen- und Kostendebatte ist deshalb völlig verfehlt, sie hat mit der Realität nichts zu tun. Nun muss man sich fragen, was die Triebfeder für das Handeln von Bundeswirtschaftsminister Rösler ist. Offensichtlich stellt er sich auf die Seite der Verlierer, der fossil-atomar geprägten Großkonzerne. Denn sie sind die Zaungäste der Energiewende, deren Macht immer weiter beschnitten wird. Zentrale fossile Grundlastkraftwerke werden zu Fremdkörpern und rentieren sich nicht mehr. Damit ist der Kern des Geschäftsmodells der Stromkonzerne bedroht, die mit den neuen dezentralen Strukturen offensichtlich nicht zurechtkommen. Sie möchten den Zustand wieder herstellen, in dem Stromversorger und Stromkunde klar voneinander getrennt sind.
Mit Bundesminister Rösler haben sie einen Fürsprecher gefunden, der sich dezidiert für ihre Partikularinteressen einsetzt. Statt Wirtschaftspolitik betreibt er Klientelpolitik zu Lasten der Allgemeinheit und der Zukunftsfähigkeit unserer Volkswirtschaft. Dies allein ist der Grund, warum er nun einen Deckel fordert und das erfolglose und teure Quotensystem nach Deutschland holen will. Und auch der Grund, warum andere Stimmen sogar den Einspeisevorrang für die Erneuerbaren noch weiter beschneiden wollen.
Statt der Bewahrung überkommener Strukturen gilt es nun, das Energiesystem zugunsten der Erneuerbaren Energien umzubauen, mit flexibleren und virtuellen Kraftwerken sowie Energiespeichern und dem Aufbau intelligenter Stromnetze für die dezentrale Einspeisung. Das ist die eigentliche Aufgabe einer zukunftsweisenden Wirtschaftspolitik. Die notwendigen Akteure hierfür stehen schon bereit.

Quelle:
EUROSOLAR e.V.
Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien
Kaiser-Friedrich-Straße 11
D-53113 Bonn
Tel. 0228 / 362373 und 362375
Fax 0228 / 361279 und 361213
info@eurosolar.org

http://www.eurosolar.org

Donnerstag, 5. Januar 2012

Guter Journalismus ist Glückssache

... vor allem, wenn es bei der Zeitung "Die Welt" um das Thema Energie geht. Daniel Wetzel versucht sich wiederholt an dem Thema und hat mit seinem neuesten "Artikel" mal wieder eine Bauchlandung hingelegt. Titel seines Machwerks für die Atom-Lobby lautet: "Die Stromversorgung in Deutschland ist Glückssache".

Aufhänger seiner "Story" ist die Tatsache, daß der dt. Netzbetreiber Tennet am 8.u.9.12.2011 sog. Reserverkapazitäten aus Österreich angefordert hat, um die Netzauslastung in Süddeutschland zu stabilisieren.
Konkret: es herrschte kein Energiemangel in Deutschland. Sondern der Netzbetreiber Tennet hat aus Sicherheitsgründen regional in Süddeutschland zusätzliche Reservekapazitäten in Betrieb genommen, und zwar die geographisch sinnvollsten. Und diese stehen in Österreich.
Dazu muß man wissen (bzw. sollte Wetzel wissen und es mitteilen, wenn man als Journalist darüber berichtet):
gerade das österreichische und deutsche Stromnetz sind eng verzahnt.


Über den Vorgang berichtete übrigens das österreichische Wirtschaftsblatt bereits am 15.12.2011 in einem sachlichen unaufgeregten Artikel. 

Zitat:
Die beiden österreichischen Versorger haben [im September] angesichts des deutschen Atomausstiegs mit der Bundesnetzagentur eine Vereinbarung zur Bereithaltung von thermischen Reservekapazitäten abgeschlossen. [...] Am Donnerstag und Freitag vergangener Woche wurden nun erstmals fallweise Kapazitäten in Anspruch genommen.

Bei Wetzel liest sich das dann so:
Trotz des bislang recht milden Winters waren die Netzbetreiber zeitweise sogar gezwungen, auf eine Notreserve an Kraftwerken zurückzugreifen, die von der Bundesnetzagentur erst kürzlich in Österreich aufgetrieben (sic!) worden war. Die größte Industrienation Europas hat unter ihrer Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten schon viel gelitten. Jetzt ist sie auch in der Stromversorgung nicht mehr autark.

So einen Schwachsinn lasse ich mir genüßlich auf der Zunge zergehen ... um dann einmal kräftig auszuspucken.

1. Diese "Notreserven" wurden nicht "kürzlich aufgetrieben", sondern wurden ganz normal bereits im Sommer im paneuropäischen Strommarkt vereinbart. Viele Medien haben darüber auch berichtet, siehe z.B. hier.

2. in einem liberalisierten paneuropäischen Stromnetz, in dem seit Jahren über nationale Grenzen hinweg jedes Land fallweise (und vor allem nach Marktlage) Strom ex- und importiert, von nationaler Autarkie zu sprechen und diese in den Zusammenhang mit der Energiewende zu setzen, ist ziemlich irre

3. Was war denn nun am 8.u. 9.12 tatsächlich passiert?
Der Spiegel berichtet darüber in einem dankenswert ausführlich und gut recherchierten Artikel.
Zitat: Also kam es am 8. und 9. Dezember zu der grotesken Situation, dass norddeutscher Windstrom ins südeuropäische Ausland exportiert wurde - und Deutschland gleichzeitig Strom aus österreichischen Gas- und Ölkraftwerken importieren musste.
Ursache:
Das Problem sind überlastete Leitungen. Vor allem im Süden Deutschlands haben sich viele stromintensive Industrien angesiedelt; die Windräder aber stehen größtenteils im Norden. Anfang Dezember gab es also ein Stromüberangebot an der Küste, im Süden gab es zu wenig Strom.

Schuld ist also der seit vielen Jahren von den großen Energieerzeugern verschleppte Ausbau der Überlandübertragungsnetze. Die Diskussion über den Ausbau ist überhaupt erst in Gang gekommen, seitdem das Kartellamt vor einigen Jahren die großen "4" gezwungen hat, sich von den Netzen zu trennen. Seitdem streben die Netzbetreiber wie Tennet den Ausbau an und es kommt Bewegung in das Thema.

Mit der Energiewende im engeren Sinne hat das also herzlich wenig zu tun. Aber natürlich macht sich das auch nicht so gut, wenn es darum geht, einen Artikel pro Atom zu verfassen.
Bei Wetzel findet man zum Thema "Netzausbau" deshalb auch: kein einziges Wort.

Wie gesagt: Guter Journalismus ist Glückssache


P.S.: Schmankerl am Rande:
durch die Kapazitäten aus Österreich konnte mal eben auch ein deutsches AKW ersetzt werden. Denn:
 Anfang Dezember war dann auch noch der Block C des bayerischen Atomkraftwerks Gundremmingen abgeschaltet, weil er überraschend gewartet werden musste. 

Also es herrschte genau das "Schreckensszenario", das alle "pro Atom Lobbyisten" seit Monaten an die Wand malten: Energiewende + 1 weiteres abgeschaltetes AKW + Winter + ....
... und was passierte? Nichts. Man hat einfach vorhandene Kapazitäten sinnvoll genutzt.
Das wäre eigentlich nochmal eine Nachricht wert.




P.S: Noch mehr Fakten zum Geschehen am 8./9.12. hat die DUH zusammengetragen und ausgewertet.

Sonntag, 1. Januar 2012

Zu Neujahr das kleine 1x1 des Vattenfall PR-Sprech

Allen LeserInnen, Aktiven und Interessierten von stop-greenwashing wünschen wir einen guten frohen Start in das Jahr 2012. Und natürlich auch allen anderen Menschen, auch unseren Kollegen von Vattenfall. Deren PR Abteilung hat dem Deutschland Chef Tuomo Hatakka auch gleich mal eine kleine Fibel mit den guten schlechten Vorsätzen für 2012 unter das Kopfkissen gelegt - und die Anleitung, wie man diese gut verpackt.

Das liest sich dann so (Hervorhebungen und Kommentare von stop-greenwashing):

"Das haben wir begrüßt und auch proaktiv daran mitgewirkt (meint: wir wurden zur Mitarbeit gezwungen) Gewundert habe ich mich aber schon darüber, wie heftig die Öffentlichkeit hierzulande reagiert hat – obwohl ich schon seit Jahren in Deutschland lebe und arbeite und weiß, dass Kernkraft hierzulande immer anders diskutiert (meint: abgelehnt) wurde als etwa in Frankreich. Wenn man die Reaktionen mit denen in anderen europäischen Ländern vergleicht, stellt man fest: Deutschland ist ein Sonderfall (und was ist mit der  Schweiz? Italien?), hier ging es deutlich emotionaler (meint: die spinnen, die Deutschen) zu. Und das meine ich nicht als Kritik (ja, nee, is klar, Herr Hatakka) : Jeder hat das Recht, seine Emotionen zu zeigen (meint: dann aber mal wieder hübsch ins Körbchen). Das muss man respektieren (meint: dieses Mal konnte selbst das Energie Kartell sich nicht mehr gegen die Mehrheit der Bevölkerung stellen), wie man auch respektieren muss, wie die Bürger in Baden-Württemberg Ende März gewählt haben . Das Ergebnis dieser Landtagswahl war eine direkte Folge der Ereignisse in Japan (nein, Herr Hatakka, das war vor allem eine direkte Folge der Mappusschen Politik) .
usw.
Den gesamten Rückblick und Ausblick Hatakkas gibt es unter dem Titel "Die Zukunft der Energie ist grün" beim DER TAGESSPIEGEL. 
Tuomo Hatakka (55), ist Deutschland-Chef von Vattenfall. Der schwedische Energiekonzern betreibt
die Akw Krümmel und Brunsbüttel, die nun zurückgebaut werden müssen.