Mittwoch, 10. August 2011

Vertrau mir ... oder die verschlungenen Pfade im Mediendschungel

Leider mal wieder ein schönes Beispiel, wie der Journalismus sich sein Grab selber gräbt.

Die dpa verschickt eine Kurzmeldung über eine vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie. Abgedruckt wird die Meldung z.B. im Hamburger Abendblatt.
Reißerischer Titel:

Strom wird bis 2030 32 Milliarden Euro teurer

Inhalt der Studie laut Abendblatt/dpa:

Das geplante Aus für die Atomkraft in Deutschland macht Strom bis zum Jahr 2030 laut einem Pressebericht um insgesamt mindestens 32 Milliarden Euro teurer. Das sei das Ergebnis einer vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie, berichtete das „Handelsblatt“ am Mittwoch. Der beschleunigte Ausstieg führt demnach auch zur Verlagerung von Stromproduktion ins Ausland und zum vermehrten Import fossiler Energieträger. 

Der veröffentlichte Abriß der dpa listet dann auch auf, wer denn da im Auftrag des BMWi tätig geworden ist:
Die Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts der Universität Köln (EWI), des Prognos-Instituts und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) liegt dem „Handelsblatt“ nach eigenen Angaben vor.
Natürlich liegt die Studie dem Handelsblatt vor, denn EON und RWE wollen ja, daß diese von ihnen co-finanzierte Studie unter das Volk die Journalisten kommt. Denn: 

Das Energiewirtschaftliche Institut an der Universität Köln (EWI) ist ein Forschungsinstitut, dass durch die Gesellschaft zur Förderung des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität Köln gGmbH finanziert wird. Gefördert wird das Institut außerdem durch E.ON und RWE.

Das steht aber natürlich nicht in der dpa-Meldung und den Veröffentlichungen. Nein, das steht z.B. hier. Nettes Beispiel der "Unabhängigkeit" des EWI von den Stromkonzernen:
Barbara Minderjahn war von 2009–2011 Leiterin politische Kommunikation des EWI. Davor arbeitete sie von 2007–2009 in der Unternehmenskommunikation bei E.ON Kraftwerke. Seit dem 1. Juli 2011 arbeitet sie als Leiterin Communications & Public Affairs bei RWE Supply and Trading.(Quelle)


Das soll nicht heißen, daß die oben angesprochene Studie an sich tatsächlich nur den Wert einer Werbebroschüre von RWE oder EON hat. Aber das die dpa (und die diese Meldung dann veröffentlichenden Medien) nicht wenigstens einen Hinweis auf den doch recht unneutralen Hintergrund der Ersteller geben, ist ein Armutszeugnis für objektiven Journalismus.

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