Samstag, 22. Oktober 2011

Die exklusive Gedankenwelt des Frank Drieschner


Atomjournalist Frank Drieschner hat mal wieder zugeschlagen. Unter der Schlagzeile „Hauptsache, nicht bei uns“ arbeitet er sich mal wieder in der aktuellen Ausgabe der ZEIT an der Anti-AKW Bewegung ab. Im Gegensatz zu seinem letzten Versuch, bei dem Drieschner versuchte, seine Polemik mit selbstgebastelten „Fakten“ zu untermauern (die dann aber widerlegt wurden), verlegt er sich heuer von Anfang an auf den Boulevard-Stil.

Dieses Mal knöpft sich Drieschner explizit den Atomenergie-Widerstand im Wendland vor. Schließlich steht ein neuer Castor-Transport bevor. Drieschners Kernaussage: Wir haben jetzt die Energiewende, also bitte keinen Widerstand mehr. Bei Drieschner heißt das dann:
"Eine deprimierende Antwort kommt gerade aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg. Dort macht die Protestbewegung gegen das geplante Atommülllager in Gorleben weiter, als hätte es nie eine Energiewende gegeben."
Aha.Weil also von 17 AKWs in diesem Jahr acht stillgelegt wurden (mathematisch ist das weniger als die Hälfte), soll die Anti-AKW Bewegung im Wendland laut Drieschner doch bitte schön nicht mehr gegen die Atomkraft und Atommülltransporte protestieren. Welch eine dumme Argumentation ist das denn? Das ist ja so, als würde die FDP zu der Piratenpartei sagen: „Hey, Piraten, ihr seid jetzt in Berlin im Stadtparlament, aber damit ist jetzt auch genug. Bei der nächsten Bundestagswahl tretet ihr gefälligst nicht mehr an.“ Klar, viele Liberale wünschen sich dieses Szenario – aber sie verblöden sich, es öffentlich zu machen. Drieschner hat diese Skrupel nicht.
Drieschner setzt sogar noch einen drauf. Als „Zeugen“ der Energiewende führt er gerade den Umweltminister Röttgen an, der als Papiertiger vor der Laufzeitverlängerung startete und anschließend als handzahmes Kätzchen schön brav die Lüge von der „Brückentechnologie“ mit verbreitete. Ausgerechnet auf den soll sich die Anti-AKW Bewegung verlassen? Auch diese Vorstellung ist sicherlich die Wunschvorstellung der Atom-Lobby, aber kommt garantiert nicht in den Köpfen der Anti-AKW Bewegung vor.
Aber jetzt ist Drieschner erst so richtig warm gelaufen. Er schreibt
„Vor allem aber hat die Bundesregierung die wichtigste Forderung der Atomkraftgegner erfüllt: Die wissenschaftliche Debatte um mögliche Vorzüge und Nachteile des geplanten Atommülllagers wird nicht länger unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt.“
Die wichtigste Forderung der Anti-AKW Bewegung ist also nicht, wie allgemein angenommen wird, der Ausstieg aus der Atomkraft und das Stilllegen aller AKWs weltweit. Nein, Drieschner deckt es auf: die wichtigste Forderung sei eine wissenschaftliche Debatte in der Öffentlichkeit!
Oh Mann, Drieschner, Drieschner ..
In der Gedankenwelt Drieschners macht dann auch sein nächster Absatz Sinn, in dem er von der wunderbaren „Offenheit und Transparenz“ der „Gorleben-Dialoge“ fabuliert. U.a. schreibt Drieschner an dieser Stelle:
„Der Gorleben-Dialog“, den Umweltminister Röttgen begonnen hat, erfüllt alle Ansprüche an Transparenz und Offenheit"
Aha. Welchen Maßstab Drieschner anlegt, um die Wertung „alle Ansprüche“ anzuführen, wird uns leider verschwiegen. Ganz sachlich könnte man als rational denkender Mensch meinen, daß es dazu ggfls. unterschiedliche Meinungen gibt. Problem ist nur, das Drieschner seine Gedankenwelt exklusiv für sich hat und ihm niemand mit Verstand dorthin folgt. Deshalb verhallen auch Sätze wie:
„Es gibt nur ein Problem mit dem „Gorleben-Dialog“: Er ist eine Bürgerbeteiligung fast ohne Bürger. Schuld daran sind die Atomkraftgegner des Wendlands, die dem öffentlichen Streit ausweichen. Ihr Beitrag zur Debatte beschränkt sich inzwischen darauf, ihre Widersacher und insbesondere Drieschner Röttgen als Lügner und käufliche Helfer der Atomindustrie zu beschimpfen.“
Fakt 1 ist: Röttgen ist ein Lügner, denn er hat die Lüge von der notwendigen Brückentechnologie genauso verbreitet wie die ganze schwarz-gelbe Regierung.
Fakt 2 ist: Röttgen wie die restliche schwarz-gelbe Regierung haben sich mit der Kernelemente-Steuer kaufen lassen.
Insofern beschimpfen die Anti-AKW Gegner weder Röttgen noch andere Personen, sondern sprechen die Wahrheit aus.
Fakt 3: die Anti-AKW Gegner brauchen keinerlei Dialog mehr, um die Nicht-Eignung des Salzstocks in Gorleben als Zwischen- und Endlager zu belegen. Die Tatsachen sind allen zugänglich, und jeder, der weiterhin den Salzstock erforschen läßt, ignoriert diese Tatsachen. Röttgen gehört dazu. Zur Erinnerung: im April 2010 berichtete das ZDF-Magazin Frontal21 über der Redaktion des Magazins und Greenpeace vorliegende, bisher vertrauliche Dokumente zu Gorleben. Aus den Dokumenten geht eindeutig hervor, dass die Vorauswahl für Gorleben unter dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht wissenschaftlich nicht abgesichert war. Aber was passierte daraufhin: Den formalen Sofortvollzug zur Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten ordnete das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie am 9. November 2010 an - mit Billigung und Unterstützung durch Röttgen.
Dieschner schließt mit den Worten: 
„Früher einmal hatten sie (die Atomkraftgegner) für eine rationale Debatte um die sicherste Art des Umgangs mit Atommüll geworben. Es war wohl doch nicht so gemeint.“
Ich entgegne dazu Herrn Drieschner: Früher einmal hatte Journalismus in der ZEIT etwas mit Meinungsbildung durch Fakten, Recherche und Seriosität zu tun. Sie sorgen dafür, daß man das von der ZEIT heute nicht mehr erwarten kann.

1 Kommentar:

  1. Habe gestern Herrn Drieschner live erlebt. Podiumsdiskussion ausgerichtet von der Heinrich-Böll-Stiftung.

    Ein Lobbyist reinsten Wassers. Wobei das Wort "rein" in Zusammenhang mit Herrn Drieschner unpassend erscheint.

    Der Abend war hochspannend. Man konnte live beobachten, was die taz in ihrem großartigen Artikel über die Machenschaften der Atomlobby beschrieben hatte.

    AntwortenLöschen