Atomjournalist Frank Drieschner hat
mal wieder zugeschlagen. Unter der Schlagzeile „Hauptsache, nicht bei uns“ arbeitet er sich mal wieder in der
aktuellen Ausgabe der ZEIT an der Anti-AKW Bewegung
ab. Im Gegensatz zu seinem letzten Versuch, bei dem Drieschner
versuchte, seine Polemik mit selbstgebastelten „Fakten“ zu
untermauern (die dann aber widerlegt wurden), verlegt er sich heuer von Anfang an auf den Boulevard-Stil.
Dieses Mal knöpft sich Drieschner
explizit den Atomenergie-Widerstand im Wendland vor. Schließlich steht
ein neuer Castor-Transport bevor. Drieschners Kernaussage: Wir haben
jetzt die Energiewende, also bitte keinen Widerstand mehr. Bei
Drieschner heißt das dann:
"Eine deprimierende Antwort kommt gerade aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg. Dort macht die Protestbewegung gegen das geplante Atommülllager in Gorleben weiter, als hätte es nie eine Energiewende gegeben."
Aha.Weil also von 17 AKWs in diesem
Jahr acht stillgelegt wurden (mathematisch ist das weniger als die
Hälfte), soll die Anti-AKW Bewegung im Wendland laut Drieschner doch
bitte schön nicht mehr gegen die Atomkraft und Atommülltransporte
protestieren. Welch eine dumme Argumentation ist das denn? Das ist ja
so, als würde die FDP zu der Piratenpartei sagen: „Hey, Piraten,
ihr seid jetzt in Berlin im Stadtparlament, aber damit ist jetzt auch
genug. Bei der nächsten Bundestagswahl tretet ihr gefälligst nicht
mehr an.“ Klar, viele Liberale wünschen sich dieses
Szenario – aber sie verblöden sich, es öffentlich zu machen.
Drieschner hat diese Skrupel nicht.
Drieschner setzt sogar noch einen
drauf. Als „Zeugen“ der Energiewende führt er gerade den
Umweltminister Röttgen an, der als Papiertiger vor der
Laufzeitverlängerung startete und anschließend als handzahmes
Kätzchen schön brav die Lüge von der „Brückentechnologie“ mit
verbreitete. Ausgerechnet auf den soll sich die Anti-AKW Bewegung
verlassen? Auch diese Vorstellung ist sicherlich die
Wunschvorstellung der Atom-Lobby, aber kommt garantiert nicht in den
Köpfen der Anti-AKW Bewegung vor.
Aber jetzt ist Drieschner erst so
richtig warm gelaufen. Er schreibt
„Vor allem aber hat die Bundesregierung die wichtigste Forderung der Atomkraftgegner erfüllt: Die wissenschaftliche Debatte um mögliche Vorzüge und Nachteile des geplanten Atommülllagers wird nicht länger unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt.“
Die wichtigste
Forderung der Anti-AKW Bewegung ist also nicht, wie allgemein
angenommen wird, der Ausstieg aus der Atomkraft und das Stilllegen
aller AKWs weltweit. Nein, Drieschner deckt es auf: die wichtigste
Forderung sei eine wissenschaftliche Debatte in der Öffentlichkeit!
Oh Mann, Drieschner, Drieschner ..
In der Gedankenwelt Drieschners
macht dann auch sein nächster Absatz Sinn, in dem er von der
wunderbaren „Offenheit und Transparenz“ der „Gorleben-Dialoge“
fabuliert. U.a. schreibt Drieschner an dieser Stelle:
„Der Gorleben-Dialog“, den Umweltminister Röttgen begonnen hat, erfüllt alle Ansprüche an Transparenz und Offenheit"
Aha. Welchen Maßstab Drieschner
anlegt, um die Wertung „alle Ansprüche“ anzuführen, wird uns
leider verschwiegen. Ganz sachlich könnte man als rational denkender
Mensch meinen, daß es dazu ggfls. unterschiedliche Meinungen gibt.
Problem ist nur, das Drieschner seine Gedankenwelt exklusiv für sich
hat und ihm niemand mit Verstand dorthin folgt. Deshalb verhallen
auch Sätze wie:
„Es gibt nur ein Problem mit dem „Gorleben-Dialog“: Er ist eine Bürgerbeteiligung fast ohne Bürger. Schuld daran sind die Atomkraftgegner des Wendlands, die dem öffentlichen Streit ausweichen. Ihr Beitrag zur Debatte beschränkt sich inzwischen darauf, ihre Widersacher und insbesondere Drieschner Röttgen als Lügner und käufliche Helfer der Atomindustrie zu beschimpfen.“
Fakt 1 ist: Röttgen ist ein Lügner,
denn er hat die Lüge von der notwendigen Brückentechnologie genauso
verbreitet wie die ganze schwarz-gelbe Regierung.
Fakt 2 ist: Röttgen wie die restliche
schwarz-gelbe Regierung haben sich mit der Kernelemente-Steuer kaufen
lassen.
Insofern beschimpfen die Anti-AKW
Gegner weder Röttgen noch andere Personen, sondern sprechen die
Wahrheit aus.
Fakt 3: die Anti-AKW Gegner
brauchen keinerlei Dialog mehr, um die Nicht-Eignung des Salzstocks in Gorleben
als Zwischen- und Endlager zu belegen. Die Tatsachen sind allen zugänglich, und jeder, der weiterhin den Salzstock erforschen läßt,
ignoriert diese Tatsachen. Röttgen gehört dazu. Zur Erinnerung: im April 2010 berichtete das ZDF-Magazin Frontal21 über der Redaktion des Magazins und Greenpeace vorliegende, bisher vertrauliche Dokumente zu Gorleben.
Aus den Dokumenten geht eindeutig hervor, dass die Vorauswahl für
Gorleben unter dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht wissenschaftlich nicht abgesichert war. Aber was passierte daraufhin: Den formalen Sofortvollzug zur Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten ordnete das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie am 9. November 2010 an - mit Billigung und Unterstützung durch Röttgen.
Dieschner schließt mit den Worten:
„Früher einmal hatten sie (die Atomkraftgegner) für eine rationale Debatte um die sicherste Art des Umgangs mit Atommüll geworben. Es war wohl doch nicht so gemeint.“
Ich entgegne dazu Herrn Drieschner:
Früher einmal hatte Journalismus in der ZEIT etwas mit Meinungsbildung durch Fakten, Recherche und
Seriosität zu tun. Sie sorgen dafür, daß man das von der ZEIT heute nicht mehr erwarten kann.
Habe gestern Herrn Drieschner live erlebt. Podiumsdiskussion ausgerichtet von der Heinrich-Böll-Stiftung.
AntwortenLöschenEin Lobbyist reinsten Wassers. Wobei das Wort "rein" in Zusammenhang mit Herrn Drieschner unpassend erscheint.
Der Abend war hochspannend. Man konnte live beobachten, was die taz in ihrem großartigen Artikel über die Machenschaften der Atomlobby beschrieben hatte.