In Hamburg ist Wahlkampf, was auch dem geneigten Leser von stop-greenwashing.org nicht verborgen geblieben sein dürfte. Auch ich habe daher von den Möglichkeiten von
www.abgeordneten-watch.de Gebrauch gemacht.
Ich schrieb vier Anfragen: an Herrn Scholz (SPD Spitzenkandidat), an Frau Hajduk (GAL Spitzenkandidatin), Linda Heitmann (GAL-Kandidatin Altona) und Herrn Farid Müller (GAL-HH Mitte). Bei Frau Hajduk und Herrn Scholz scheinen die Büro-Praktikanten derart überlastet mit dem Plakatieren neuer Plakate in Zusammenhang mit der Vattenfall-Transparenz Kampagne beschäftigt zu sein (wir berichteten), daß bisher nur Herr Müller Zeit
für eine Antwort fand.
Hier an dieser Stelle möchte ich zuerst Herrn Müller für die durchaus schnelle und ausführliche Darstellung danken. Leider ist das für mich persönlich jedoch der einzig positive Aspekt seiner Ausführungen. Der Inhalt stimmt mich sehr traurig. Warum das so ist, habe ich in diesem offenen Brief zusammengefaßt:
Offener Brief an Farid Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
wir kennen uns (leider) noch nicht persönlich. Daher bitte ich Sie auch gleich als erstes, meine Antwort auf Ihre Antwort keinesfalls (zu) persönlich zu nehmen.
Auch wenn wir wahrscheinlich keine Kumpels werden, sollte es doch nochmal zum gemeinsamen Bier reichen.
Und nein, ich bin nicht DER Ansprechpartner für die BI Moorburgtrasse-stoppen. Ich bin dort aktiv und vertrete unsere Meinung auch bisweilen stellvertretend in der Öffentlichkeit, aber das machen andere von uns auch.
Schön, daß Sie so ausführlich auf meine Frage geantwortet haben.
Schade, daß Ihre Ausführungen mich so traurig stimmen.
Sie schreiben von einem „ruhigen Gewissen“, daß Sie hätten, wenn Sie nicht die Senatsverantwortung mit übernommen hätten … und ich unterstelle Ihnen, daß Sie genau dieses „ruhige Gewissen“ haben, weil Sie Senatsverantwortung übernommen haben.
Sie messen grüne Politik an dem, was (möglicherweise) noch schlimmer wäre, würde in Hamburg SPD & CDU regieren. Ich messe grüne Politik an dem, was gut für die Umwelt und die Menschen ist.
Sie schreiben von Genehmigungen und Dingen, die Sie (die Politik/er/Innen) nicht verhindern dürfen. Interessant … vorher schreiben Sie, daß es Mehrheiten bedarf, etwas politisch zu gestalten. Das heißt für mich um Umkehrschluß: auch wenn es eine Mehrheit für oder gegen etwas in der Politik gibt, heißt das noch lange nicht, das der Primat der Politik gilt. Aber wessen Primat gilt denn dann? Wenn man sich die Entwicklung in Deutschland und in Hamburg ansieht, bekommt man eine Ahnung, wessen Primat gilt … und diese Ahnung ist düster.
Es gibt die Aussage: alles hat seinen Preis in unserem Leben. Wie hoch ist Ihr Preis? Er kann nicht hoch sein, denn Sie geben eine politische Bankrotterklärung ab. Sie schreiben, die Elbvertiefung kommt sowieso, weil SPD & CDU diese wollen … und weil das so ist, ist das für Sie die Rechtfertigung, das Thema abzuhaken. Nein, Sie haken es nicht ab, Sie machen mit! Und in diesem Mitmachen sehen Sie gleichzeitig den Ansatzpunkt, einen Wandel in der Politik, in der Bevölkerung, in der Gesellschaft hinsichtlich der Abwägung aus Ökonomie und Ökologie herbeizuführen. Ich gucke, gucke, gucke … aber tut mir leid, ich kann das nicht so sehen wie Sie. Irgendwo muß ich meine rosarote Brille verloren haben, seitdem sehe ich gezwungenermaßen die Realität wie sie ist. So sehe ich, wie die GAL eine Politik mitträgt, legitimiert, die eigentlichen ursprünglichen „grünen“ Interessen gegenübersteht.
Aber die GAL löst das für sich auf … ok, Elbvertiefung machen wir mit … aber nur, wenn es dafür dann in Zukunft doppelt so viele Stadträder in HH gibt! Wow … ich an Stelle der CDU hätte in die Öffentlichkeit gebracht, wie die GAL die CDU hier (lassen Sie uns offen sein) erpreßt hat.
Ja, Politik ist ein mühsames Geschäft … aber wissen Sie, ich war dabei vor 2000 Jahren im Oktober 2010, als Frau Hajduk und Herr Wasmuth Seite an Seite standen, als das Masterplan Gutachten Klimaschutz vorgestellt wurde. Und ich habe genau hingehört, was dazu gesagt wurde. Aber ich kann mich nicht an die Aussage von Frau Hajduk erinnern, daß sich die Stadt Hamburg in Form der BSU aufgrund dieses Gutachtens jetzt dem Wohle Hamburgs verpflichtet fühlt und alles in ihrer Macht stehende tut, um die Moorburgtrasse zu verhindern. Ich weiß nicht, wie sich Frau Hajduk sonst gegenüber Vattenfall-Vertretern bei Gesprächen in den Hinterzimmern der Macht verhält, aber an dem Abend hatte sie Beißhemmungen. Und die hatte sie auch in der Vergangenheit.
Denn Sie und ich wissen, daß Frau Hajduk und die BSU genau das nicht getan hat, was ihr Job gewesen wäre: die Bürgerinitiative hat Vattenfall per Gericht in Sachen Moorburgtrasse gestoppt, weil die BSU eine ungenügende Genehmigung erteilt hat.
Wissen Sie, Herr Müller, Politik muß gar nicht immer so mühsam sein. Eine große Last wäre schon von Ihnen und Ihrer Partei genommen, wenn Sie denn tatsächlich in der Öffentlichkeit zu den Vertretern von Vattenfall das sagen würden, was Sie hier schreiben: wir reden mit euch, weil wir müssen, und nur aus diesem einen Grund. Und wir wollen, daß ihr verschwindet. Hamburg braucht euch nicht, Hamburg will euch nicht.
Aber immer häufig anders reden als tatsächlich zu handeln, das strengt an, das verstehe ich.
Mühsam ist es, Herr Müller, wenn man selbst neben Beruf und Privatleben immer wieder versucht, Fehlentwicklungen zu verhindern. Anstatt das dies die "Volksvertreter" tun, die dafür gewählt sind. Wäre die Trasse vor 1 Jahr nicht verhindert worden, hätten wir jetzt in Hamburg eine riesige Baustelle für eine Wärmeversorgung, die keiner braucht (steht übrigens in dem Gutachten).
Lassen Sie mich zum Schluß einen Ausflug in das Reich der Phantasie machen. Kennen Sie das phantastische Werk „Herr der Ringe“?
Falls nicht … schauen Sie es sich an. Ich leihe Ihnen die Filme auch gerne.
In dem Werk kommt auch ein Zauberer vor … nein, nicht der berühmte gute Gandalf, sondern Saruman der Weise … so weise, daß er Angesichts der unglaublichen Überlegenheit des Bösen sich diesem anschließt … denn Widerstand von außen erscheint ihm zwecklos … aber dann kommt es, wie es kommen muß … im Laufe der Geschichte wird er entzaubert und wird zu nichts mehr als einem kleinen Abbild seines neuen Herrn … und am Ende braucht ihn keiner mehr, weder das Böse noch die Guten …
… und wie es sich für gute Fantasy gehört, endet das Werk mit dem Sieg der Guten, die ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen haben. Es sind die „kleinen“ Hobbits Leute, nicht die „Mächtigen“ Politiker, die das Schicksal entscheiden.
„Ich hoffe aber, Ihnen deutlich gemacht zu haben, warum dagegen von Seiten des Senats so wenig zu machen ist.“
Ja, Sie haben mir deutlich gemacht, wie machtlos Sie sind … warum es dann aber Sinn haben soll, die GAL zu wählen, wenn ich ein gutes Schicksal für Mittelerde Hamburg erreichen möchte, das haben Sie nicht erklärt.
Aber nach Ihren eigenen Worten ist das mit der GAL in Senatsverantwortung ja auch nicht möglich.
Schade. Denn dereinst hatte ich tatsächlich mal Hoffnungen in Ihre Partei gesetzt.
Herzlich grüßt Sie
Gimli Mirco Beisheim