Montag, 7. Oktober 2013

Feindbild Journalismus

Matthias Iken, stellvertretender Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, hat in einem Leitartikel (!) unter dem Titel "Feindbild Vattenfall" am 04.10.2013 die Nachricht aufgegriffen, daß der Vattenfall Konzern ab sofort nicht mehr die Vattenfall Lesetage veranstaltet.

Er bezieht sich dabei auch auf einen Tweet von stop-greenwashing.
 Die Gegner rufen dem Kultursponsor als Dankeschön noch ein hämisches "Tschüs" hinterher.
Offensichtlich hat Iken also  unseren Kommentar zu dem Thema gelesen. Nun ist es normalerweise so, daß lesen bildet. Herr Iken bildet dabei jedoch leider die Ausnahme. Denn was Iken (wiederholt) zum Thema "Kritik an Vattenfall" abläßt, ist dumm. Oder er schreibt bewußt falsch.
Zitat:
Das alles aber rechtfertigt nicht mehr die öffentliche Beschimpfung, die inzwischen in der Hansestadt auf den schwedischen Staatskonzern einprasselt.

Abgesehen davon, daß sich Meister Iken für die einzig normative Instanz hält, die etwas für gerechtfertigt halten darf oder nicht: Wo bitte sind die Beschimpfungen in der Stadt?

Zitat:
Weniger als dieser Schritt verwundert die Tatsache, dass Vattenfall angesichts der Gegenveranstaltungen "Lesetage selber machen" oder "Lesen ohne Atomstrom" überhaupt so lange durchgehalten hat.

Nein, das verwundert nicht. Waren doch die Lesetage (neben den Cyclassics und dem Ferienprogramm für Kinder) für Vattenfall die wichtigste Werbeveranstaltung, um von seinen "Unzulänglichkeiten" im Kerngeschäft abzulenken. Das nennt man operativ auch "Marketing" bzw. in diesem speziellen Fall "greenwashing" ... Begriffe, die Iken kennen dürfte. Ohne diese Veranstaltungen wird es Vattenfall schwerer fallen, das eigentliche Geschäftsgebahren der Konzernstrategen auf Kosten Hamburgs weiter zu verschleiern.

Zitat:
Es gehört in gewissen Kreisen längst zum guten Ton, auf Vattenfall einzuprügeln. Die Initiative zum Rückkauf der Netze spielte geschickt auf der Klaviatur des Vattenfall-Bashings; einige reduzierten das hochkomplexe Rekommunalisierungsthema auf die einfache Frage, wo man gegen Vattenfall unterschreiben kann.
Iken scheint es zu wurmen, daß UHUN auch gegen die Meinungsmache im Abendblatt wie überhaupt der gesamten Springerpresse (BILD, Welt, Abendblatt) den Volksentscheid gewinnen konnte. Bitterböse Ironie, daß es in Wahrheit gerade Iken und Co. waren, die im Vorfeld des Volksentscheids oft nur platte Meinungsmache brachten statt Fakten.

Zitat:
Ein Großteil der Vorwürfe gegen Vattenfall ist so interessengeleitet wie durchsichtig – es geht um Spenden, Stimmen, Stimmungen: Die Atomkraftwerke, die Vattenfall betreibt, sind Erbmasse der städtischen HEW, die heute allerorten glorifiziert werden.

Der einzige, der hier beständig glorifiziert, ist Iken selbst - und zwar Vattenfall. Wenn man ihn mal fragen würde, welche Initiative in HH die HEW zurück haben möchte, dann wäre Schweigen angesagt. Die Stadtwerke München machen es übrigens vor, wie man ungeliebte AKWs betreibt, sich für diese selbst Abschaltjahre setzt und trotzdem die Energiewende zu 100% unterstützt. Es gehört zu Ikens Strategie davon abzulenken, daß Vattenfall durchaus anders könnte ... wenn die Konzernlenker wollten.

Zitat:
Diese wirft eher ein schlechtes Licht auf den Opportunismus der Union als auf Vattenfall, das ganz altmodisch auf einmal ausgehandelten Verträgen besteht.

Eigentor, Herr Iken. Wenn hier einer einen Vertrag nicht erfüllen möchte, dann ist es Vattenfall. Die bestreiten nämlich den Konzessionsvertrag für die Fernwärme zwischen der Stadt HH und HEW bzw. Vattenfall. Das weiß Iken auch genau, steht schließlich im Abendblatt (unter Punkt 7).

Zitat:
Es geht längst nicht mehr nur um einen umstrittenen Konzern, sondern um den Umgang einer demokratischen Gesellschaft mit einem ausländischen Konzern.

Und wenn gar nichts mehr geht, dann geht bei Iken immer noch die nationalistische Schublade.
Es sind Redakteure Einpeitscher wie Iken, die den Ruf der "Qualitätsmedien" nachhaltig beschädigen. In einem Leitartikel muß man eine Mindestqualität an Fakten erwarten können und keine reine Meinungsmache. Daß Vattenfall in Hamburg nach und nach abgewickelt wird, liegt an dem Willen der Mehrheit der HamburgerInnen. Daß das Hamburger Abendblatt abgewickelt verramscht wird, liegt an (Chef)Redakteuren wie Iken, die den Journalismus heruntergewirtschaft und offenbar sich selbst als Feindbild auserkoren haben. 

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