Sonntag, 19. September 2010

Vattenfall erwägt Verkauf des Kohlekraftwerks Moorburg


Konzern will sich von umweltschädlicher Energieerzeugung trennen - Auch Teilveräußerung eines Kraftwerkblocks ist im Gespräch
Von Martin Kopp, DIE WELT: 18.09.10
Einst wollte Vattenfall mit dem Kohlekraftwerk in Moorburg seine Vormachtstellung als Energieversorger in der Metropolregion Hamburg in Beton gießen. Doch der Bau ist noch gar nicht fertig, da will sich der Konzern schon wieder von dem 2,6 Milliarden Euro teuren Projekt trennen, zumindest nach den Meldungen schwedischer Medien. Die Zeitung "Dagens Nyheter" behauptet, dass der neue Konzernchef Øystein Løseth dem staatlichen Eigner am Montag konkrete Pläne zur Veräußerung von Kohlekraftwerken im Ausland vorlegen will. Laut der Nachrichtenagentur TT will der Aufsichtsrat einen entsprechenden Punkt auf der Tagesordnung der nächsten Aufsichtsratssitzung behandeln. Konzernsprecher Ivo Banek sagte auf Anfrage der WELT: "Die gesamte strategische Ausrichtung ist derzeit in der Diskussion. Da es aber keine Entscheidung gibt, äußern wir uns nicht weiter."
Klar ist aber, dass sich Vattenfall insgesamt nachhaltiger aufstellen will. Erst kürzlich hatte der schwedische Staat dem Konzern eine neue Direktive verpasst, die der Umweltverträglichkeit eine größere Bedeutung beimisst. Demnach soll sich der Konzern vor allem bei seinen Auslandsbeteiligungen stärker für den Ausbau erneuerbarer Energien engagieren. Schon da stellte sich die Frage, was aus den Kohlekraftwerken wird. Außer den 15 Anlagen in Deutschland betreibt Vattenfall solche Kraftwerke auch in Polen, Holland und Dänemark. Von diesen könnte sich Løseth trennen, um den Energiemix seiner Firma grüner anzustreichen.
Sollte ein Komplettverkauf nicht gelingen, gibt es nach Informationen der WELT in Schweden Überlegungen, Kraftwerksbeteiligungen zu verkaufen,etwa indem Produktionsanteile an andere Unternehmen vergeben werden. Beispiel hierfür ist Moorburg.
So hat Vattenfall mit Aurubis einen Vertrag, mit dem der Kupferhersteller eine virtuelle Scheibe an dem Kohlekraftwerk mit einer Gesamtleistung von 1648 Megawatt erworben hat. Zudem wird offenbar in Stockholm erwogen, einen der beiden Kraftwerksblöcke die derzeit südlich der Elbe entstehen, zu veräußern. Banek sagte dazu lediglich, bei der Neuausrichtung der Vattenfall-Strategie beziehe man "ganz natürlich" auch Überlegungen zu Moorburg mit ein. Ein Verkauf der beiden seit Längerem mit Stillständen kämpfenden norddeutschen Vattenfall-Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel wird aber derzeit nicht ins Auge gefasst.
Zugleich gaben Vattenfall und die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt bekannt, den Streit über die wasserrechtliche Genehmigung für Moorburg endgültig beigelegt zu haben. Unternehmen und Behörde schlossen vor dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht einen Vergleich. Demnach akzeptiert Vattenfall strengere Sauerstoffgrenzwerte bei der Entnahme von Kühlwasser aus der Elbe. Dafür darf außerhalb der sauerstoffarmen Zeit mehr Kühlwasser entnommen werden. Vattenfall baut zudem einen Hybrid-Kühlturm, um die Elbe weiter zu entlasten.
Der Präses der Handelskammer, Frank Horch, feierte die Einigung als "Sieg der Vernunft für die Energieversorgung im Norden". Dies sei das "erfreuliche Ende eines unerfreulich langen Streits".

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